Villa Agnes

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Villa Agnes

Ostseebad Binz
Strandpromenade 2

Frühere Hausnamen: Der Hausname „Villa Agnes“ wurde seit der Eröffnung bis heute beibehalten.

Architektur: Im Buch „Pommersche Bäderarchitektur“ von Wolfgang Schneider & Torsten Seegert wird das Haus unter anderem wie folgt beschrieben: Die Nachbarbebauung um ein Geschoß überragend, ist dieses Haus ein charakteristischer Vertreter der Binzer Bäderarchitektur. Dem eigentlichen Baukörper sind sowohl an der promenadenseitigen, durch einen über die gesamte Höge reichenden Risaliten gekennzeichneten Front als auch an den vorderen Bereichen der Seiten offene Holzloggien vorgelagert. … die Art der Schmuckelemente variiert leicht: Im Erdgeschoß und Obergeschoß liegen Elemente mit filigranen Durchbrüchen vor, während im Dachgeschoß und auf den oberen Loggien der Seiten schlichte Fachwerkausstrebungen vorzufinden sind. …

Baujahr: Um 1893

Historie/Besitzer bis 1945: Im Buch „Landhäuser & Villen am Meer“ ist die Geschichte der Villa wundervoll beschrieben: Für den Bau seiner Sommerresidenzen wählte der Bäckermeister August Brehme aus Gera dieses direkt am Waldrand gelegene Grundstück der Strandpromenade. Um 1890 ließ Brehme an dieser Stelle die Villa Agnes errichten. Die im typischen Stil der Bäderarchitektur gebaute Villa war ein Geburtstagsgeschenk Brehmes an seine Frau Agnes. Das Haus wurde ausschließlich als Feriendomizil genutzt. Jeden Sommer reiste die Familie mit großem Gepäck samt Personal aus Gera an (Nachtrag: Es war ein reines Sommerhaus und konnte nicht beheizt werden). Manchmal reichte eine Fahrt für den Transport nicht aus. Das Personal wohnte in dem kleinen Backsteingebäude neben der Villa (Strandpromenade 2b). Hier befanden sich auch die Küche und andere Wirtschaftsräume. Dieses zusätzliche Gebäude war notwendig, da die Villa Agnes im Unterschied zu anderen Villenbauten kein Sockelgeschoss besitzt, welches normalerweise zur Unterbringung der Wirtschaftsräume diente. Brehme hatte die Bäckerei seines Vaters geerbt, machte sich später aber als Bauunternehmer selbstständig und war als solcher in Gera, Binz und Göhren tätig. … Seine Büroräume, von denen aus er seine bauunternehmerischen Tätigkeiten leitete, befanden sich in der Villa Halali, die ungefähr zeitgleich mit der Villa Agnes entstand. Passend zu ihrer Lage am Waldrand benannte Brehme diese im zeitgenössischen Landhausstil errichtete Villa nach dem Ruf der Jäger. Die Familie Brehme konnte die Sommerhäuser nicht lange nutzen. August Brehme starb 1896 und der gesamte Besitz wurde wenige Jahre später (Nachtrag: um 1900) an eine Familie Henschel (Nachtrag: an Frau Emilie Henschel geborene Siewers) verkauft, die beide Häuser bis zum Zweiten Weltkrieg als Pension führte….
Die Villa Agnes wurde vom neuen Eigentümer zum Logierhaus umgebaut. Das Inserat im Reiseführer „Praktische Winke – Ostseebad Binz auf Rügen“ von 1925 lautete wie folgt: Villen Agnes u. Halali. In ruhiger bevorzugter Lage, direkt am Strande und Buchenwald, werden bestens empfohlen. Wohnungen mit Küche und einzelne Zimmer mit u. ohne Pension. Kapitän W. Henschel

DDR-Zeit: Für die Zeit nach dem Krieg hieß es wie folgt (Quelle: Buch „Landhäuser & Villen am Meer“): … Nach dem Krieg wurden hier, wie in vielen anderen Villen auch, Flüchtlinge untergebracht. In jedem der fünfzehn Räume der Villa Agnes fand eine Familie Obdach. Die Flüchtlingsfamilien wurden ausquartiert, als das Haus Ende der 1950er Jahre an die VEB Buntgarnwerke Leipzig verkauft wurde, die es von da an als Ferienobjekt für ihre Betriebsangehörigen nutzte. …

Nach 1990: Nach der Wende wurde die Villa saniert und in Eigentumswohnungen umgewandelt. Bei der Sanierung legte man die großflächig mit Wellblech verkleidete Fassade wieder frei. Die stark verwitterten Holzloggien mit den gesägten Rosetten wurden rekonstruiert, so dass das Holzdekor der Villa Agnes heute dem Zustand von 1890 gleicht. (Quelle: Buch „Landhäuser & Villen am Meer“)

Heutige Nutzung: Ferienwohnungen und – appartements

Wissenswertes/Anekdoten: Ein Zeitungsartikel in der OZ (Ostsee-Zeitung) vom 11.9.1998, erschienen zum Binzer Monat der Bäderarchitektur, der erstmalig stattfand, erzählte eine interessante Geschichte zur Villa Agnes: … Nach dem zweiten Weltkrieg fanden hier Flüchtlinge ein neues Zuhause. Die offenen Balkone wurden verkleidet, um Wohnraum zu gewinnen. Quartier fand hier auch die Familie Mager, die 1954 im und mit dem Haus lebt. Ende der fünfziger Jahre übernahmen die Mitteldeutschen Kammgarnspinnereien Leipzig (später der VEB Buntgarnwerke Leipzig) die „Agnes“ als Ferienobjekt. Den bisherigen Mietern wurden Wohnungen in Binz und zum Teil auch in Leipzig besorgt. 1962 kehrte die Familie Mager wieder an die Strandpromenade als Verwalter zurück und ist es bis heute (Nachtrag: lange) geblieben. Sie war auch kurz nach der Wende der erste Ansprechpartner für Christine Meyer-Lang, Ur-Enkelin von August und Agnes Brehme. Noch heute besucht die Oldenburgerin die mehr als 100 Jahre alte Villa im neuen Glanz und unter altem Namen.  … 1994. Während der Sanierung, die die neuen Eigentümer, insgesamt 15 an der Zahl, in Auftrag gegeben hatten, traten auch die Rosetten des Bäckermeisters Brehme wieder zutage. Sie waren seinerzeit bei der Verkleidung der Fassade nur verdeckt, aber nicht entfernt worden. … (CMH)

Fotos: Sammlung Boy, Sammlung Binzer Bucht Tourismus, Lutz Grünke, Binzer Bucht Tourismus/Christian Thiele

Text: Klaus Boy, Binzer Bucht Tourismus