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Villa Mignon
Villa Mignon
Ostseebad BinzPaulstraße 2
Frühere Hausnamen: Früher auch als Kaufhaus Otto Tonak bekannt
Architektur: Im Buch „Pommersche Bäderarchitektur“ von Wolfgang Schneider & Torsten Seegert wird das Haus unter anderem wie folgt beschrieben: … Hierbei handelt es sich um einen dreigeschossigen Putzbau mit Drempelgeschoss, der als Eckhaus ausgebildet ist. Der Eckturm weist polygonale Züge auf und wird durch rundbogige Fenster aufgelockert. Den Abschluss der Eckturmausbildung stellt eine charakteristisch aufragende Zwiebelhaube mit geschweifter Aussenform dar. Die Seite zur Paulstraße weist eine sechsachsige Gliederung mit einem als Eisenvorbau ausgeprägten Stahlbeton auf, während die Seite zur Hauptstraße (ehemals Wilhelmstraße) eine dreiachsige Gliederung hat. Das klassische Putzdekor als Rustikaausbildung mit Eckquadern und einer Betonung der Elemente Fenstergiebel/Gesims/gerahmte Fensterfaschen trägt zur Harmonisierung der schweren Baumassen bei. …
Baujahr: 1907
Historie/Besitzer bis 1945: Otto Tonak, seines Zeichens Kaufmann, eröffnete laut Ortschronik am 6. März 1906 das erste Manufakturen- und Konfektionsgeschäft von Binz – zunächst in der Bahnhofstraße. Am 12. November 1906 stellte er den Bauantrag für seine Villa Mignon in der Wilhelmstraße, der er nach Baugenehmigung vom 11. Februar 1907 im gleichen Jahr bauen ließ.
Im Binz-Führer von 1909 wurde sein Geschäft wie folgt beschrieben: Kaufhaus Otto Tonak. Wilhelm-Str. Ecke Paul-Str., Telefon No. 222, Größtes Geschäft der Branche am Platze empfiehlt in größter Auswahl Sport- und Lawn-Tennis-Anzüge, weiße Hosen, Jackets in Luster, Bast u. Loden, Sport-Mützen u. Hüte, Schirme, Stöcke, Strümpfe, Cravatten, Oberhemden u. Westen. Damen-Blusen u. Costümröcke in Seide, Wolle, Mouselin und Waschstoff. Laken, Anzüge, Hauben, Mäntel in allen Größen und Preislagen. Bade-Wäsche, Herren- u. Damenwäsche bis zu dem elegantesten Genre in gediegenen, haltbaren Stoffen. Jahresgeschäft. Keine Saison-Preise.
Neben seiner kaufmännischen Tätigkeit partizipierte er auch am Fremdenverkehr. In der Villa Mignon befanden sich auch Zimmer zur Vermietung. 1911 empfahl Otto Tonak sein Haus wie folgt: Villa Mignon Wilhelmstraße Ecke Paulstraße, Fernsprecher 222, Empfehle 20 elegant eingerichtet. Zimmer, sowie 2 Küchen. Elektrisches Licht. Hausdiener am Bahnhof u. Dampfer. Besitzer Otto Tonak (aus dem Binz-Führer „nordisches Sorrent“ 1911). Es ist anzunehmen, dass dies auch in den Folgejahren so blieb.
DDR-Zeit: Das Unterkunfts-Verzeichnis „Ostseebad Binz Insel Rügen“ vom Sommer 1950 beschrieb das Angebot wie folgt: Fremdenheim Mignon, Inh. Behrendt, 10 Betten. Später befanden sich in den oberen Etagen Mietwohnungen und im Erdgeschoss ein Textilgeschäft, erst von der HO, dann vom Konsum.
Nach 1990: Mitte der 1990er Jahre wurde das Gebäude komplett saniert. Heute befinden sich in der Villa Wohnungen und im Erdgeschoß ein Textilgeschäft – passend zu den alten Zeiten.
Heutige Nutzung: Wohnhaus und Geschäft
Wissenswertes/Anekdoten: Spannend ist eine mögliche Erklärung für den Hausnamen. Vielleicht war Otto Tonak an Literatur, Musik und Kultur interessiert. Mignon heißt unter anderem eine Erzählung von Gerhart Hauptmann, eine Oper von Ambroise Thomas (uraufgeführt 1866 in Paris) und eine Figur aus Goethes Roman Wilhelm Meisters Lehrjahre. Oder vielleicht folgte er der französischen Übersetzung – Mignon heißt „niedlich“, „hübsch“.
Fotos: Sammlung Boy, Sammlung Binzer Bucht Tourismus, Lutz Grünke, Binzer Bucht Tourismus/Christian Thiele
Text: Klaus Boy, Binzer Bucht Tourismus